Second Hand September: Das Kollektiv min über Kreativität, Nachhaltigkeit und Ressourcen

kollektiv min: Marianne Simmen, Ida Buch und Nina Baumann

Im Rahmen des Second Hand September haben wir mit dem kollektiv min gesprochen. Das Kollektiv wurde 2023 von Marianne Simmen, Ida Buch und Nina Baumann gegründet. Die drei Textil Designerinnen, die sich im Studium kennengelernt haben, verfolgen das Ziel, kreativ tätig zu sein und dabei möglichst nachhaltig und ressourcenschonend zu arbeiten. Mit einem Fokus auf natürliche Färbe- und Drucktechniken wollen sie ein Bewusstsein für den achtsamen Umgang mit Textilien und Ressourcen schaffen. Erfahre mehr über ihre Ansichten zur Nachhaltigkeit, ihre Arbeit und wie beides miteinander verbunden werden kann.


Inwiefern verbindet ihr euer Wissen über Textildesign mit den Prinzipien von Nachhaltigkeit und der Wiederverwertung gebrauchter Kleidung?

Durch unser Wissen über die Herstellungsprozesse von Textilien ist uns bewusst, wie viel Ressourcen, Zeit, Wasser und Energie es braucht, um Textilien neu herzustellen. Deshalb greifen wir, wenn möglich, auf gebrauchte Kleidung und Stoffe zurück. Wir versuchen, Stoffe zu benutzen, die sowieso schon vorhanden sind, im Estrich lagern oder die wir in Brockenhäusern finden. So werden ungebrauchte Stoffe weiter verwendet, was uns als die ressourcenschonendste Lösung erscheint. Für uns ist es wichtig, Nachhaltigkeit in unseren Projekten stets mitzudenken. 


Welche Rolle spielt der bewusste Umgang mit Ressourcen in eurer Arbeit?

Uns ist es ein grosses Anliegen, ein Bewusstsein für die benötigten Materialien und Ressourcen, die für die Herstellung von Textilien gebraucht werden, zu schaffen. Wir haben daher angefangen, unsere genutzten Ressourcen während des Designprozesses zu notieren und in der Präsentation unserer Textilien sichtbar zu machen. So kann zum Beispiel nachvollzogen werden, wie viele Liter Wasser wir für die Färbung von einem Stoff gebraucht haben oder wie viel Färbematerial dafür notwendig war. Auf diese Zahlen möchten wir aufmerksam machen, denn der enorme Ressourcenaufwand geht oft vergessen, da Textilien heute oft so günstig sind.

kollektiv min: Ausstellung und Workshop am Pflanzenfestival Botanica

Wie kann eurer Meinung nach Second Hand Mode zu einer nachhaltigeren Modeindustrie beitragen?

Die Second Hand Mode zeigt für uns auf, wie ein alternativer Modekonsum aussehen kann, welcher der Fast Fashion Industrie trotzt. Wir sind der Meinung, dass durch das Kaufen und Tragen von Second Hand Kleidung ein Umdenken stattfindet und dies die Wertschätzung gegenüber Textilien steigern kann. Das erworbene Kleidungsstück ist dann nicht mehr eines von vielen, sondern wird zum geliebten Einzelstück. 



Euer Kollektiv legt grossen Wert auf natürliche Färbe- und Druckmethoden. Wie können solche Techniken dazu beitragen, Kleidung aufzuwerten und nachhaltiger zu gestalten?

Macht man selbst den Prozess von Farbgewinnung, Färben und Drucken durch, erfährt man den Aufwand von diesen Herstellungsprozessen. Somit erlangt ein selbst gefärbtes Kleidungsstück mehr Wertschätzung und wird länger getragen. 

Zudem ist es interessant zu sehen, welche Farben man aus natürlichen Ressourcen ziehen kann. Deshalb veranstalten wir auch Workshops, um dieses Wissen zu teilen. Für uns ist es auch eine Möglichkeit Fragen zu stellen: Von wo kommt überhaupt Farbe? Brauchen wir Kleidung in allen Farben? Könnten wir auf Farbe verzichten? So diskutieren wir die ökologischen Folgen von Färben in der Fast Fashion Industrie und thematisieren den übermässigen Kleiderkonsum. 

Wir sind aber vorsichtig zu behaupten, dass es sich beim natürlichen Färben um eine Alternative handelt, Textilien industriell zu färben. Denn auch das natürliche Färben ist Ressourcen- und Energieaufwendig und auf die Masse der Industrie vermutlich schwer anwendbar. Doch für uns ist es auf jeden Fall ein Weg, eine Diskussion über Nachhaltigkeitsthemen zu eröffnen.



Glaubt ihr, dass Second Hand Mode in der breiten Masse populärer wird, oder bleibt sie eine Nische? Was müsste sich ändern, damit mehr Menschen umsteigen?

Das ist eine schwierige Frage, zu der wir die Antwort leider nicht wissen. Wir hoffen natürlich, dass es in der breiten Masse populärer wird und die Überproduktion von billigen Textilien ablöst. Aber in diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, über die Schattenseiten der ganzen Second Hand- und Recyclingindustrie von Textilien zu sprechen. Es muss möglich werden, endlich Transparenz in der Modeindustrie zu schaffen: Von wo kommen unsere neuen Textilien und wohin gehen sie, wenn wir sie spenden? Vielleicht würde dieses Wissen einen Einfluss darauf haben, wie wir in Zukunft Mode konsumieren wollen.

kollektiv min: Ausstellung und Workshop in der Zentralwäscherei Zürich

Wie seht ihr die Zukunft der Modeindustrie? Glaubt ihr, dass Initiativen wie der Second Hand September langfristig zu einer Verhaltensänderung führen können?

Wir glauben, dass jede Initiative, die sich für eine bessere Modeindustrie einsetzt, zur Verhaltensänderung führen kann. Jede einzelne Person, die dadurch angesprochen wird und den eigenen Konsum überdenkt, ist ein kleiner Sieg. Um in Zukunft eine grünere und nachhaltigere Modeindustrie zu haben, müssen unserer Ansicht nach, neben Einzelpersonen, vor allem die grossen Modehäuser und auch die Politik handeln, um eine nachhaltige Änderung herbeizuführen. Wir müssen anfangen, Verantwortung für die ökologischen und sozialen Folgen der Modeindustrie zu übernehmen.


Mehr über das Kollektiv erfährst du auf ihrer Webseite www.kollektivmin.ch und auf Instagram @kollektiv.min.