10 Jahre Rana Plaza: Weshalb wir nicht mehr auf den Systemwandel warten können

Am 24. April 2013 stürzte das Rana-Plaza-Gebäude bei Dhaka, in Bangladesch ein. Mehr als 1.100 Menschen starben, weitere 2.500 wurden verletzt. Der Einsturz zählt zu den grössten Industrieunfällen der Geschichte. 

Die Bilder des Unglücks gingen um die Welt. Viele Menschen fragten sich zum ersten Mal, unter welchen Bedingungen ihre Kleider hergestellt wurden. Das Unglück war auch der Auslöser für die Gründung von Fashion Revolution. Seither setzen wir uns gemeinsam mit Bürger:innen, Brands und politischen Entscheidungsträger:innen für eine faire und sichere Modeindustrie ein. Fashion Revolution ist mittlerweile in über 90 Ländern aktiv, seit 2016 auch in der Schweiz.  

In den letzten 10 Jahren hat sich einiges getan: So fordern weltweit nicht nur immer mehr Menschen Transparenz und positive Veränderungen in der Modeindustrie. Auch immer mehr Marken legen offen, wo ihre Kleidung hergestellt wird und welche Auswirkungen ihre Materialien auf die Umwelt haben. Designer:innen berücksichtigen vermehrt die Bedürfnisse von Menschen und der Umwelt bei der Entwicklung neuer Kollektionen. Und Konsumierende hinterfragen ihr Shoppingverhalten. Der Ruf nach Nachhaltigkeit ist allgegenwärtig. 

Doch trotz vieler positiver Entwicklungen muss festgehalten werden: Auch heute könnte sich ein Unglück wie Rana Plaza jederzeit wiederholen.

Denn am ressourcenintensiven, ausbeuterischen Produktions- und Konsumsystem der Modeindustrie hat sich nichts verändert. Wachstum und Profit sind weiterhin das Mass aller Dinge. Reichtum und Macht sind in den Händen einiger weniger konzentriert und grosse Marken und Einzelhändler produzieren zu viel, zu schnell und ohne Rücksicht auf Umweltbedenken. Dies geschieht auf Kosten der Menschen, die unsere Kleidung herstellen. Sie erhalten einen Lohn, von dem sie nicht leben können und sie spüren bereits die Auswirkungen der Klimakrise, die wiederum von der energieintensiven Modeindustrie angeheizt wird.

Arbeiter:innen protestieren für ihre Rechte

MODEINDUSTRIE BRAUCHT EINEN SYSTEMWANDEL

Aufgrund der Grösse der Modeindustrie ist der Handlungsbedarf entsprechend gross: Die Mode- und Textilindustrie generiert weltweit geschätzte 1.7 Billionen USD Einnahmen und umfasst ca. 75 Millionen Beschäftigte (McKinsey, 2021). Sie ist für 10% (!) der globalen Treibhausgasemission verantwortlich und enorm ressourcenintensiv. Wird in den nächsten 10 Jahren im gleichen Stil weiter konsumiert, steigt die Menge produzierter Kleidung von 62 Millionen Tonnen auf 102 Millionen Tonnen  (Weltbank, 2019).

Gleichzeitig erachten immer mehr Menschen Kleider als Wegwerfware, was einerseits zu grossen Entsorgungsproblemen und andererseits zu noch grösserem Spardruck auf dem Buckel der Arbeiter*innen führt. In Kombination mit den undurchsichtigen Lieferketten und dem massiven Preisdruck, unter den Textilfabrikt:innen stehen, wird zu wenig in Arbeitsplatzsicherheit und angemessene Entlöhnung investiert.

UNSERE FORDERUNGEN

Die gesamte Modewelt muss rasch mit Lösungen und Veränderungen aufwarten. Dabei ist es nicht mehr möglich abzuwarten, wer dabei den Lead dafür übernimmt. Am benötigten Systemwandel müssen sich alle Akteur:innen der LIeferkette beteiligen: Von den Investor:innen über die Designer:innen und Produzent:innen bis zur Politik und dem letzten Glied der Wertschöpfungskette, den Konsumierenden. 

In folgenden Bereichen ist ein Wandel besonders wichtig und kann aus der Schweiz angestossen werden:

  • Kulturwandel: Als Einzelpersonen und als Gesellschaft müssen wir die Art und Weise, wie Mode konsumiert, benutzt und entsorgt wird, überdenken. Dies beginnt damit, dass wir die Leistung derjenigen, die unsere Kleidung herstellen, anerkennen und die Kleidung, die wir besitzen, wertschätzen.

  • Produktionswandel: Brands müssen ihre linearen Geschäftsmodelle überdenken und Mensch und Umwelt in den Vordergrund rücken. Neue, innovative und zirkuläre Geschäftsmodelle werden von kleinen und unabhängigen Designer:innen und Projekten kommen. Sie gilt es zu fördern.

  • Wandel der politischen Rahmenbedingungen: Damit Unternehmen ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung wirklich nachkommen, braucht es politische Regulierungen und Gesetze für die Industrie.

Fashion Revolution Schweiz fokussiert deshalb ihre Aktivitäten auf diese Handlungsfelder.

Für den 10. Jahrestag von Rana Plaza erinnern wir die Öffentlichkeit, dass es das Engagement aller braucht, damit aus dem Versprechen von “Fairer Mode” auch Realität werden kann.

Wir alle sind #FASHIONREVOLUTION

Arbeiter:innen protestieren für ihre Rechte

Fashion Revolution CH